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Das mehrsprachige Klassenzimmer - Wieviel Deutsch braucht ein Berliner Schulkind?

19.03.2014

In Weddinger Schulklassen ist ein Migrationsanteil von nahezu hundert Prozent keine Seltenheit. Was bedeutet es für den Unterricht, wenn viele Schülerinnen und Schüler keine deutschen Muttersprachler sind und manche erst nach der Einschulung Deutsch lernen? Das beleuchtet das Buch „Das mehrsprachige Klassenzimmer“, das im Springer Verlag erschienen ist. Die Reihe DEUTSCH 3.0 widmet diesem Thema einen Abend in der Französischen Friedrichstadtkirche am Berliner Gendarmenmarkt (Mittwoch, 26. März 2014, 18.30 Uhr), veranstaltet vom Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS).

Warum lassen Russen gerne alle Artikel weg, wenn sie Deutsch sprechen? Warum stolpern Spanier so oft über unsere Umlaute? Und weshalb kann ein Araber in der Grammatik mit den vier Fällen des Deutschen meist nichts anfangen? Wer sich mit fremden Sprachen auseinandersetzt, kann die Probleme von Menschen aus anderen Ländern beim Deutschlernen leichter einordnen. Genau das nimmt sich die Veranstaltung „Das mehrsprachige Klassenzimmer – Wie viel Deutsch braucht ein Berliner Schulkind?“ vor. Es soll über die Chancen der Mehrsprachigkeit für hier aufwachsende Kinder diskutiert werden und darüber, dass die Wertschätzung der „anderen“ Sprache wichtig ist.

Dazu sprechen die beliebte deutsch-türkische Kolumnistin Hatice Akyün, der Kölner Professor Karl-Heinz Göttert ("Abschied von Mutter Sprache"), die Mannheimer Professorin Rosemarie Tracy („Das mehrsprachige Klassenzimmer“) und der Berliner Schulleiter Michael Wüstenberg.
Hatice Akyün ist in Duisburg aufgewachsen und in der türkischen sowie der deutschen Kultur beheimatet. Ihre Kolumne zu Alltagsthemen im Berliner Tagesspiegel endet jede Woche mit einem türkischen Zitat ihres Vaters. Sie setzt sich dafür ein, den Spagat zwischen zwei Identitäten zu überwinden.
Karl-Heinz Göttert macht darauf aufmerksam, dass Einsprachigkeit geographisch und historisch gesehen exotisch ist. Die meisten Menschen auf der Welt leben in mehrsprachigem Kontext. Der Germanist zieht für den Umgang mit Mehrsprachigkeit in Deutschland Lehren aus der Geschichte.
Rosemarie Tracy vertritt das Autorenteam „Das mehrsprachige Klassenzimmer“ und untersucht in ihrem Vortrag die Frage, ob Mehrsprachigkeit ein Stör- oder ein Glücksfall ist.
Michael Wüstenberg ist Schulleiter am Lessing-Gymnasium-Berlin in Wedding, an dem 75 Prozent der Kinder nicht-deutscher Herkunftssprache sind; Sprachbildung ist an seiner Schule auch bei der Begabtenförderung Alltag.
Im abschließenden Culture Slam stellen Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Stadtteilen Berlins ihre mehrsprachige Identität dar. Dabei sind Schüler aus zwei neunten Klassen aus dem Wedding, eine neunköpfige deutsch-italienische Theater-gruppe, ein Mädchen mit polnischer Mutter und persischem Vater sowie zwei Schüle-rinnen des Lessing-Gymnasiums.

Danach geht der Staffelstab von „Deutsch 3.0“ an die Folgeveranstaltung auf der didacta. Am Samstag, den 29. März 2014, steht das Thema „Sprache fördern in allen Fächern“ auf der größten Bildungsmesse Europas in Stuttgart zur Diskussion (13:00 Uhr). Das Goethe-Institut, der Duden, das Institut für Deutsche Sprache und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft regen ein Jahr lang in mehr als 25 Veranstaltungen zum Nachdenken über unsere Sprache an.

Hintergrund: „Deutsch 3.0“ ist ein Projekt des Goethe-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Duden, dem Institut für Deutsche Sprache, dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft sowie Partnern aus Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft, Bildung, Medien und Kunst. Medienpartner sind Deutschlandradio Kultur und ZDF aspekte. Im Dezember 2014 werden die Erkenntnisse im Rahmen einer großen Abschluss-veranstaltung in Berlin zusammengetragen. So sollen Perspektiven zur Zukunftssi-cherung der deutschen Sprache entstehen. Weitere Informationen sind unter www.deutsch3punkt0.de abrufbar.