Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Leibniz-Gemeinschaft

Von den vollgestopften Schubladen zu interaktiven Netzwerken: das Sprachlernen aus der Sicht eines Neurowissenschaftlers

Vortragende(r) Dr. Thomas Bak
Institution(en) The University of Edinburgh
Datum 14.05.2019
Uhrzeit 18:15 Uhr
Ort Dorotheenstraße 24, 10117 Berlin, Raum 1.101

Die methodologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte haben zu einem grundlegenden Wandel in unseren Vorstellungen über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns beigetragen. Streng moduläre Modelle des späten 20-ten Jahrhunderts sind von Begriffen wie “interaktive Netzwerke”, “Adaptation” und “Neuroplastizität” abgelöst worden. Diese Umwandlung hat auch wichtige Folgen für unser Verständnis der Mehrsprachigkeit. Die neueren Modelle können viel besser die Ergebnisse der empirischen Forschung erklären, die einen positiven Einfluss des Sprachlernens und der Mehrsprachigkeit auf kognitive Funktionen von der Kindheit bis zum fortgeschrittenen Alter (inclusive Demenz und Schlaganfall) haben, in dem sie die aktive Nutzung von mehr als einer Sprache als ein Aspekt der “kognitiven Reserve” ansehen.

In meinem Vortrag werde ich diese Ergebnisse im historischen und konzeptuellen Kontext interpretieren, wobei manche modernen Vorstellungen eine lange Geschichte aufweisen können, die bis in die früheren Phasen der Evolution der menschlichen Sprache zurückreicht.

Zur Person:

Geboren und aufgewachsen in Krakau als Sohn eines polnischsprachigen Vaters und einer deutschsprachigen Mutter, studierte Dr. Thomas H. Bak Medizin in Deutschland und der Schweiz und promovierte mit einer Arbeit über akute Aphasien an der Universität Freiburg im Breisgau. Er arbeitete klinisch in der Psychiatrie, Neurologie und Neurochirurgie in Bern, Berlin, Cambridge und Edinburgh und entwickelte ein besonderes Interesse an der Beziehung zwischen Sprache, Kognition und motorischen Funktionen und dem Thema „Embodied Cognition“.

Nach seinem Umzug nach Edinburgh im Jahr 2006 konzentrierte sich Dr. Baks Arbeit zunehmend auf die Auswirkungen von Sprachenlernen und Zwei-/Mehrsprachigkeit auf kognitive Funktionen über die gesamte Lebensspanne und auf Hirnerkrankungen wie Demenz und Schlaganfall. Er untersucht ein breites Spektrum von Bevölkerungsgruppen, von Studenten über gesunde ältere Menschen bis hin zu Demenzkranken und Aphasiepatienten, von frühester Kindheit an zweisprachige Schüler bis hin zu Zweitsprachlernern, von Schottland über Indien bis nach China und Singapur. Dr. Bak spricht täglich 4 Sprachen (Englisch, Polnisch, Deutsch und Spanisch) und lernt in seiner Freizeit gerne neue Sprachen.